Time to deliver

Es ist zu hoffen, dass Ende dieses Jahres dank den Impfungen die gesundheitlichen Folgen der Corona-Krise langsam überwunden sein werden. Bei einer anderen epochalen Herausforderung unserer Zeit, dem Klimawandel, sind wir demgegenüber noch lange nicht am Ziel. Die Situation ist alarmierend. Wie der Sonderbericht des Weltklimarates zur globalen Erwärmung von 1,5 Grad C zeigt, sind gerade die 2020er Jahre das entscheidende Jahrzehnt, um die langfristigen Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Mit dem Green Deal will die EU eine Führungsrolle übernehmen und die erste Region sein, die in 2050 klimaneutral ist.

Die Coronavirus-Pandemie hat diese Herausforderung allerdings noch verschärft. Zusätzlich zum Green Deal hat die EU deshalb mit einem ehrgeizigen 750-Milliarden-Euro-Paket als Teil des Europäischen Aufbauplans, der „Next Generation EU“, entschlossen reagiert, um die Erholung zu gewährleisten. Portugal, welches am 1. Januar die Ratspräsidentschaft übernommen hat, hat sich das Paket kurzerhand zu eigen gemacht, in ihr Ratsprogramm integriert und will mit der Umsetzung des Aufbauprogramms umgehend starten. So lautet denn auch ihr Motto «it’s time to deliver: for a fair, green and digital recovery.» Das Ziel ist damit also klar: der Wiederaufbau muss sozial, ökologisch und digital erfolgen.

Corona bringt die Nachhaltigkeit voran
Und ebenso klar ist, dass es nicht mehr nur um Ökologie und Klimaschutz geht, sondern vielmehr die 17 Nachhaltigen Entwicklungszielen der UNO (SDGs), mit denen sich mehr als 190 Staaten zur nachhaltigen Transformation unserer Wirtschaft bis 2030 verpflichtet haben. Die Corona-Pandemie entpuppt sich gleichsam als Nachhaltigkeits-Katalysator. Allen wurde schlagartig bewusst, wie wichtig nicht nur das Klima ist, sondern z.B. auch eine gesunde Lebensweise, ein hoher Digitalisierungsgrad der Wirtschaft und der Gesellschaft oder eine tiefe Staatsverschuldung. Zusätzlich wird die globale Wertschöpfungskette unter dem Stichwort Deglobalisierung gerade auf ihre Sinnhaftigkeit geprüft und wo nötig angepasst.

Das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele erfordert aber ebenfalls gewaltige Summen. Die Kosten der Umsetzung wurden von der UNCTAD bereits 2014 – lange vor Corona – mit mindestens 2,5 Billionen US-Dollar pro Jahr beziffert. Geld, das den Staaten umso mehr fehlt. Daher braucht es die Privatwirtschaft und insbesondere auch die Finanzindustrie als Kapitalvermittler und Brückenbauer.

Investoren wollen nachhaltige Anlagen
Andererseits hat Corona bei den Investoren eine neue Nachdenklichkeit über das Morgen ausgelöst. Die Themen Gesundheit und Sicherheit sind massiv in den Vordergrund gerückt und die Sensibilität für die finanzielle Absicherung der eigenen Zukunft merklich gestiegen. Die Entschleunigung führt somit zu einer Beschleunigung in den nachhaltigen Anlagen. In Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ist ein Umdenken spürbar: Energiekonzerne wie Total und BP, die sich nach neuen, nachhaltigen Geschäftsmodellen umsehen, selbst traditionelle Autoproduzenten, die ihre gesamte Flotte auf E-Mobilität umstellen oder Generaldebatten zur Nachhaltigkeit im Deutschen Bundestag, um nur eine zu nennen.

An nachhaltigen Geldanlagen führt definitiv kein Weg mehr vorbei. Gerade für unseren Finanzplatz ist dies eine grosse Chance. Er steht für Werte wie Nachhaltigkeit, Stabilität und Sicherheit. Unser Investmentansatz ist generationsübergreifend. Wir verfügen über langjährige Erfahrung und Expertise in der Vermögensverwaltung. Und last but not least: Liechtenstein ist Teil des EWR und sitzt damit mit im Cockpit.

2021 werden sich die einzelnen Puzzleteile für eine nachhaltigere Zukunft, die den einen gefehlt haben, andere wiederum als Ausrede benutzt haben, zusammenfügen. Wir verfügen als Land und Finanzplatz noch immer über eine gute Ausgangslage – also machen wir was daraus!

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